Feuilleton - Zahlenspielerei
Tirols Konzertaktivitäten sind zumeist importiert. Eigene Produktionen, vor allem im Bereich der sogenannten Klassik, können nur ganz selten die Landesgrenzen überwinden. Wenn dies mitunter gelingt, kann man das mit berechtigtem Stolz zur Kenntnis nehmen. Ausnahmsweise kommt es vor, dass internationale Veranstalter eine Tiroler Idee sogar in den Mittelpunkt eines ihrer eigenen Konzepte stellen. So geschehen im März 2002, wo die Neue Innsbrucker Hofkapelle des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum in die Bankerstadt Frankfurt am Main eingeladen wurde. Zu dieser Zeit war dort ein Weltkongress von Musikwissenschaftlern angesetzt und das repräsentative Festkonzert für diesen Anlass wurde aus Tirol erwünscht, weil sich die Organisatoren einig waren, dass man den aus aller Welt anreisenden Musikspezialisten eine nicht alltägliche Performance anbieten müsste. Es hatte sich nämlich herumgesprochen, dass in Innsbruck im Bereich der Musikdokumentation und begleitender akustischer Präsentation völlig neue und überaus effektive Strategien initiiert wurden, die die Fachleute in vielerlei Hinsicht als vorbildlich und zukunftsweisend einstufen. Es wurde also ganz in der Manier unserer sonstigen Konzerte ein originelles Programm neu konzipiert. Die Grundlage bildete eine Auswahl aus jenen historischen Quellen zur Musikgeschichte Tirols, die von uns in den vergangenen Jahren in vielen europäischen Archiven eruiert und in Form von Kopien wiederum nach Innsbruck, dem Ursprungsort der Kompositionen, zurück gebracht werden konnten. Dem besonderen Anlass entsprechend fiel die Wahl für unser Frankfurter Konzert auf Italienische Madrigale und Deutsche Gesellschaftslieder des späten 16. Jahrhunderts, wie sie die Musiker am Innsbrucker Habsburgerhof und besonders auf Schloss Ambras bevorzugt bei geselligen Ereignissen zum Besten gaben. Erzherzog Ferdinand von Tirol hatte in seiner berühmten Innsbrucker Hofkapelle nämlich Musiker aus aller Herren Länder mit internationalem Flair und Repertoire vereint, und so war es nur folgerichtig, vor einem musikalischem Weltforum Tirols Musik aus einer ihrer besonderen Glanzzeiten zu (re)präsentieren. Von eigens ausgewählten Instrumentalisten und Gesangssolisten, die ähnlich wie die Mitglieder der Hofkapelle Erzherzog Ferdinands aus vielen Regionen Europas stammten, wurde dieses Konzept in völlig neuartiger und fantasievoller Form der Aufführungspraxis und in fulminanter Darbietung realisiert. Die Begeisterung war groß und man spürte im vollen Konzertsaal der Frankfurter Musikhochschule die Besonderheit der Stunde. Damit sich dieses einmalige und sicherlich unwiederholbare Ereignis nicht für immer in der Akustik des Raums verliert, wurde das komplette Konzert aufgenommen und vom Institut für Tiroler Musikforschung Innsbruck als CD produziert. So kann unser Frankfurter Auftritt in vielfältiger Weise weiterwirken, als Klangdenkmal der Tiroler Musikgeschichte ebenso wie als gediegenes Medium zur internationalen Verbreitung Tiroler Musik.
Wenige Monate später: Der Hessische Rundfunk sendet diese CD in vollem Umfang und zwar an einem Feiertag in Deutschland, dem 3. Oktober 2002, gleichzeitig über die beiden Sender hr2 und hr-klassik zur besten Sendezeit von 20:05 bis 22:00 Uhr für nahezu drei Millionen Hörer.
Und nun beginnt das Zahlenspiel. Alle die im Kulturbereich so gerne mit Zahlen hantieren, um ihre Wichtigkeit, ja Unersetzbarkeit zu bekunden, sind dazu herzlich eingeladen. Man könnte nun ausrechnen, wie viele Jahrzehnte es braucht, bis ein ganzjährig ausverkauftes Tiroler Landestheater die obige Zahl erreicht, es wäre aber auch ein Kinderspaß, ebenso die jährlich kolportierten Gesamtbesucherzahlen des Haller Osterfestivals oder der Schwazer Klangspuren als Dividenden zu nehmen. Für solche mathematische Auffrischungsübungen würden sich auch die bei den Abschlusspressekonferenzen jährlich bekannt gegebenen Besucherzahlen des Innsbrucker Tanzsommer oder der Tiroler Festspiele in Erl als Grundlage eignen. Und man könnte schließlich auch alle Tiroler Konzertereignisse eines oder mehrerer Jahre zusammenzählen und mit der obigen Zahl in irgendwelche numerische Beziehungen bringen und noch mancherlei andere Varianten dieses Spielchens erfinden.
Jedes Spiel hat einen Sieger und Verlierer, or ended in a draw. Wer ist nun der Sieger?
Alle, die ihrem Publikum eine beglückte Zeit vermittelt haben.
Triole
DANKE für Ihren Besuch.
Good bye!