Musikland Tirol

Programm

Anonymus
Zwei Ländler aus Platt in Passeier, um 1780

Josef Abentung (1779-1860)
Verkündigung an Maria, Götzens, um 1800
Gegrüßet sei o Jungfrau hier

Anonymus
Ländler aus Bruck im Zillertal, um 1820

Herbergsuche aus Achenkirch, 1846
Wer klopfet an

Tafelstückl
vom Ritten, um 1800

Wilhelm Lechleitner CRSA (1779-1827)
Weihnachtsmesse, C-Dur,
für Sopran, Alt, Bass, Orchester und Orgel,
Kloster Neustift, 1817
Kyrie
Gloria

Graduale Sei uns im lichten Kleid gegrüßet

Anonymus
Tafelstückl aus Klausen, um 1800


Wilhelm Lechleitner
Weihnachtsmesse
Credo
Offertorium Es kam die gnadenvolle Nacht

Anonymus
Weihnachtslied aus Achenkirch, um 1830
Kommt Hirten und eilet nach Bethlehem hin

Deutscher Tanz
aus Taufers, um 1800

Wilhelm Lechleitner
Weihnachtsmesse
Sanctus
Kantate nach der Wandlung Erwachet ihr Hirten

Anonymus
Deutscher Tanz vom Ritten, um 1800

Tiroler Weihnachtslied
Es hat sich halt eröffnet

Dorothee Mields, Neele Gramß, Maria Erlacher, Sopran
Bernhard Landauer, Altus - Ralf Ernst, Bass

Kammerorchester des Ferdinandeums Konzertmeister: László Paulik
Dirigent: Josef Wetzinger

Idee, Konzept, Gestaltung und Organisation: Manfred Schneider
in Zusammenarbeit mit RISM / Répertoire International
des Sources Musicales Landesleitung Westösterreich und Referat Südtirol

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
& Institut für Tiroler Musikforschung Innsbruck 2002
Alle Rechte vorbehalten


Das Tiroler Weihnachtskonzert ist in seiner Idee und Gestaltung bis heute ein Unternehmen ohne internationales Vergleichsbeispiel geblieben. Weihnachtsmusik aus Tiroler Überlieferung, zusammengestellt zu einer klingenden Weihnachtsgeschichte, gibt es alljährlich im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum seit 1988 zu erleben. Damals wurde erstmals der Versuch unternommen, ausschließlich mit historisch überlieferter Volksmusik einer Landschaft, einen thematisch in sich geschlossenen Zyklus zu schaffen und in mannigfaltigen Besetzungs- und Klangvarianten die berührende Geschichte der Weihnacht klingend zu gestalten. Bald schon folgte das klassische Tiroler Weihnachtskonzert, mit Weihnachtsmusik vor allem aus Tiroler Klöstern, liebevoll und organisch nach einer fantasievollen Tiroler Weihnachtsmette zusammengestellt, wie sie im 18. Jahrhundert in einer Tiroler Dorfkirche stattgefunden haben könnte. Alle bisherigen Konzerte wurden aufgenommen und auf CD dokumentiert. In dieser Form der Präsentation sind bisher im Institut für Tiroler Musikforschung Innsbruck 13 CDs mit ausschließlich Tiroler Weihnachtsmusik erschienen. Sie lassen so eine Idee weiterwirken, die zahlreichen Menschen vielerorts sowohl Besinnung wie Freude vermitteln kann.

Das Tiroler Weihnachtskonzert 2002 vereint Elemente der Tiroler Volkskultur mit klassischer Musik aus Tirol. Den Mittelpunkt des Programms bildet die Weihnachtsmesse (Pastorell-Messe) des Tiroler Komponisten Wilhelm Lechleitner (1779-1827). Lechleitners Geburtsort ist Stanzach im Lechtal. Seine Musikalität offenbarte sich sehr früh, und schon als Kind wirkte er als Sopransänger im Kirchenchor der Heimatgemeinde mit. Daneben war er ein begabter Schüler, so dass er bald zum Studium an das Gymnasium nach Brixen geschickt wurde. Lechleitners Vater war Bauer und Fuhrmann, die Familie umfasste fünf Kinder. Diese soziale Gegebenheit in Verbindung mit der zeitlebens geschwächten Gesundheit Lechleitners, ferner das Wissen um sein nicht alltägliches Musiktalent, dessen Entfaltung nur im Umfeld von Geborgenheit und Kontinuität möglich schien, ließen in ihm den Entschluss wachsen, in das Augustiner-Chorherrenstift Neustift einzutreten. Dies geschah auch im Jahr 1797.

Neustift war für seine außergewöhnliche Musikpflege berühmt, seine Musikkultur erlebte vor allem im 17. und frühen 18. Jahrhundert eine Blütezeit. Zur Zeit Lechleitners war das Musikleben im Kloster allerdings wegen der kriegerischen Ereignisse der Jahre 1797 bis 1805 stark beeinträchtigt. Kurz darauf wurde das Stift von der bayerischen Regierung überhaupt aufgehoben und ein Großteil des Inventars, darunter zahlreiche Musikinstrumente und Musikalien, verkauft oder versteigert.

Es ist ein eigenartiger Zufall, dass 1807, im Jahr dieser Geschehnisse, Lechleitner zum Chorregenten im Stift ernannt wurde. Zwar war ihm so die Ausübung dieses Amtes nur kurzzeitig möglich, doch hat er nach der Restauration des Stiftes im Jahr 1816 auf Grund seiner Funktion mit immensem Fleiß durch erneutes Abschreiben von Werken vieler Komponisten und zahlreiche Eigenkompositionen den verlorenen Musikschatz wieder einigermaßen ersetzen können. In diese Zeit fällt die Entstehung von Lechleitners Weihnachtsmesse. Auf dem Titel des autographen Notenmaterials im Kloster Neustift ist die Jahreszahl 1817 vermerkt. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass dieses anmutige und überaus originelle Werk für die Weihnachtsmette des Jahres 1817 in Neustift bestimmt war und wohl auch in den folgenden Jahren ein fester Programmpunkt der musikalischen Gestaltung der Weihnachtsfesttage gewesen sein wird. Die musikalischen Möglichkeiten zur damaligen Zeit waren im Stift allerdings sehr bescheiden. Zumeist bestand die Musik aus wenigen Singknaben, die die Sopran- und Altstimme ausführten sowie dem Chorregenten an der Orgel, der selbst noch den Bass dazu sang. Diese Vokalbesetzung ist auch bei Lechleitners Weihnachtsmesse gegeben, doch zeigt das Instrumentarium, dem Anlass gemäß, einen festlicheren Zuschnitt. Es war nämlich im Kloster Neustift üblich, zu besonderen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Instrumentalisten und Sänger aus der nahen Bischofsstadt Brixen für die Aufführungen zu gewinnen. Daher konnte Lechleitner seine Weihnachtsmesse in Ausdruck und Klanggestalt wesentlich großzügiger konzipieren. Neben den Streichern und den die Festivität betonenden Blechbläsern ist das Instrumentarium erweitert mit unterschiedlichen Flöten, die zusammen mit der Klarinette das weihnachtliche Klangidiom besonders tonpoetisch illustrieren. Zudem hat Lechleitner den Einsatz von Vogelstimmen vorgesehen, die von mit Wasser gefüllten Tonpfeifchen ausgeführt werden. Solche Klangidyllen mit Vogelgezwitscher, die die überströmende Freude über das neugeborene Jesuskind deutlich werden lassen sollten, waren im 18. Jahrhundert, vor allem in Dorfkirchen, durchaus üblich. Viele Orgeln hatten damals ein Register mit Vogelstimmen eingebaut, das nur zu Weihnachten gespielt wurde.

Wilhelm Lechleitner hat seine Weihnachtsmesse als Plenariumsmesse, gewissermaßen sogar als kleines Weihnachtsoratorium, gestaltet. Zum teilweise verkürzten lateinischen Text des Ordinariums, das die während des ganzen Jahres gleichbleibenden Gesangsteile der Messe umfasst, hat er auch die zum betreffenden Fest veränderlichen Sätze Graduale, Offertorium und Communio gestaltet, in Form von kleinen Kantaten mit deutschem Text und weihnachtlichem Inhalt. Teilweise sind diese Einschübe stilisierte Kompositionen nach volksmusikalischen Vorbildern, teilweise auch mit Zitaten aus bekannten Meisterwerken der Klassik, etwa Joseph Haydns Die Jahreszeiten.

Wilhelm Lechleitners unbestreitbar originelle Weihnachtsmesse hat sich in nur einem Exemplar, als Autograph im Musikarchiv des Augustiner-Chorherrenstifts Neustift, erhalten. Der Kompositionsstil ist leicht fassbar und volksnah wie in nahezu allen Werken Lechleitners. So konnten sich seine Schöpfungen weitum und in großer Anzahl auch über Tirol hinaus verbreiten, obwohl keine einzige seiner durchwegs gekonnten Kompositionen im Druck erschien. Diese Weihnachtsmesse allerdings scheint ein Spezifikum Neustifts geblieben zu sein. Das Werk ist in Idee und Gestaltung, besonders in der eigenwilligen Instrumentalbesetzung, auch vollkommen den dortigen Gegebenheiten angepasst, wobei es sich insbesondere an den Musiziermöglichkeiten von Lechleitners Chorknaben orientiert.

Wir haben bei der Gestaltung dieses Tiroler Weihnachtskonzerts versucht, den Intentionen Lechleitners möglichst einfühlsam zu entsprechen, sowohl in der klanglichen Umsetzung seiner Musik durch den Einsatz von historischen Instrumenten als auch in der Erweiterung seines doch spezifisch funktionsbedingten Konzepts zu einer inhaltlich umfassenderen klingenden Weihnachtsgeschichte. Diese Erweiterung betraf die Einbeziehung stimmungsvoller volksmusikalischer Instrumentalstücke aus der Zeit Lechleitners, die sich stilistisch und gedanklich schlüssig in das Konzept einbinden ließen sowie eine konsequentere Dramaturgie der Weihnachtsgeschichte, die auch die Themen Mariä Verkündigung (mit einem Lied des im gleichen Jahr wie Lechleitner geborenen und in Götzens wirkenden Pfarrorganisten Josef Abentung) und Herbergsuche (mit einem Tiroler Volkslied in einer Fassung aus Achenkirch) einbezieht.

Gewissermaßen als Resümee und somit wirkungsvolles Finale konnte aus dem Volksliedschatz Tirols hier nur das populäre, vor Fröhlichkeit sprudelnde Weihnachtslied Es hat sich halt eröffnet das himmlische Tor in Frage kommen.

Weihnachten ist ein Fest der Freude, weil die Menschheit mit der Geburt des Christkinds so überreich beschenkt wurde. Darum wird das Schenken wohl auch vielfältig erwidert, und wir hoffen, dass auch dieses mit viel Liebe und Engagement gestaltete Tiroler Weihnachtskonzert als ein klingendes Geschenk angenommen wird und nachhaltig Freude verbreitet.


Kartenvorverkauf & Info
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Museumstr. 15, A 6020 Innsbruck
Tel. 0043 / 512 / 59489-71, Fax 59489-88
E-mail: sekretariat@tiroler-landesmuseum.at
http://www.tiroler-landesmuseum.at

Innsbruck Information
Burggraben 3
A 6021 Innsbruck
Tel: 0043 / 512 / 5356-0, Fax: 5356-41
E-mail: office@innsbruck-ticket-service.at
http://www.innsbruck-ticket-service.at


Konzertvorschau
Barockfest
des Ferdinandeums im Tiroler Landeskonservatorium
Sonntag, 5. Jänner und Montag, 6. Jänner 2003, jeweils 20 Uhr

Prachtvolle barocke Kammermusik
aus der berühmten Innsbrucker Hofkapelle:
die Sonaten Opus 1 des aus Florenz stammenden
Innsbrucker Hofkapellmeisters Giovanni B. Viviani (1638-nach 1700),
gedruckt in Venedig 1673. In der Konzertpause Tiroler Kulinarium.

Erstaufführung durch das renommierte Ensemble für Barockmusik
Ars Antiqua Austria, Leitung: Gunar Letzbor

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